Kinderbetreuung / Nanny München - Geliehene Großmutter — Leihomas — Süddeutsche Zeitung

Geliehene Großmutter — Leihomas — Süddeutsche Zeitung

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Süddeutsche Zeitung — Das Münchner Unternehmen „Kids-Concept” bietet in München Kinderbetreuung der ganz besonderen Art an

Hei­di Hil­le ist 53 Jah­re alt und hat sich ent­schlos­sen, ihren Beruf als Alten­pfle­ge­rin kur­zer­hand an den Nagel zu hän­gen. Der Grund: eine beruf­li­che Neu­ori­en­tie­rung. „Es ist etwas voll­kom­men ande­res, wenn man einen gebrech­li­chen Senio­ren bet­tet oder fide­len und strah­len­den Kin­dern beim Anzie­hen hilft”, schwärmt Frau Hile und beschreibt hier ihren neu­en Auf­ga­ben­be­reich, als Lei­ho­mi. Ein neu­er Trend, der sich zunächst unauf­fäl­lig nach Mün­chen geschli­chen und sich mitt­ler­wei­le zu einem regel­rech­ten Boom ent­wi­ckelt hat.

Juli­an ist 18 Mona­te alt und ist in Fürs­ten­feld­bruck zu Hau­se. Sei­ne Eltern sind bei­de berufs­tä­tig und er freut sich auf die täg­li­chen Stun­den mit „Oma Hei­di”. An fünf Tagen in der Woche ist Hei­di Hil­le zur Stel­le und betreut Juli­an für drei Stun­den. „Eine Auf­ga­be, die mich nicht nur aus­füllt, son­dern mir auch das Gefühl gibt, wirk­lich etwas Sinn­vol­les zu tun”, erklärt Frau Hil­le und schwärmt mit Lei­den­schaft von den Erleb­nis­sen mit ihrem Enkel auf Zeit. Doch wie genau ist die rüs­ti­ge Lei­ho­ma über­haupt zu ihrer neu­en Beschäf­ti­gung gekom­men?

Auf der Suche nach die­ser ersehn­ten neu­en Auf­ga­be, such­te Frau Hil­le im Inter­net nach geeig­ne­ten Ange­bo­ten und stieß auf Kids-Con­cept, einem Grün­wal­der Unter­neh­men, das sich auf die Ver­mitt­lung von Kin­der­be­treu­ung spe­zia­li­siert hat. Hier las sie von die­sem außer­ge­wöhn­li­chen Bedarf der „Lei­ho­ma”, bewarb sich prompt und wur­de ange­nom­men. Bereits über 50 Lei­ho­mas umfasst die Daten­bank des Unter­neh­mens und es wer­den immer noch hän­de­rin­gend Groß­el­tern gesucht.

„Lei­ho­mas sind eine sym­pa­thi­sche Alter­na­ti­ve der her­kömm­li­chen Kin­der­be­treu­ung in Form einer Tages­mut­ter”, erklärt Tobi­as Drei­lich, Geschäfts­füh­rer von Kids-Con­cept. Doch es gibt auch Unter­schie­de im Auf­ga­ben­be­reich der Tages­mut­ter und der Lei­ho­ma. Lei­ho­mas ste­hen nicht in der Ver­pflich­tung, eine spe­zi­fi­sche Aus­bil­dung oder staat­li­che Zer­ti­fi­ka­te vor­zu­wei­sen. „Hier zählt die Lebens­er­fah­rung und das Oma­sein”, so Drei­lich. „Auch sind Lei­ho­mas nicht für den Part der Erzie­hung zustän­dig und arbei­ten in der Regel auch immer außer Haus und besu­chen die Fami­li­en in ihren eige­nen vier Wän­den.”

Doch woher kommt dieser plötzliche Wandel und Trend?

Tobi­as Drei­lich hat die Ant­wort anhand sei­ner Erfah­run­gen her­aus­fin­den kön­nen: „In die­sen pro­ble­ma­ti­schen Zei­ten kommt es häu­fig vor, dass Fami­li­en aus­ein­an­der­bre­chen oder der räum­li­che Abstand zu den Groß­el­tern ein­fach zu weit ist. Die Lei­ho­ma ist ein adäqua­ter Ersatz, der auch auf sozia­ler Ebe­ne für das Kind einen Mehr­wert hat.” Die sozia­le Ebe­ne: das Ken­nen­ler­nen und mit­ein­an­der Arbei­ten mit meh­re­ren Gene­ra­tio­nen.

„Doch auch der Man­gel an Beteu­ungs­per­so­nal und Hort­plät­zen hat die­se Ent­wick­lung mit sich gebracht”, erklärt Drei­lich wei­ter. „Die Betreu­ungs­lü­cken sind eine wirt­schaft­li­che Kata­stro­phe für die Fami­li­en und somit ist die Lei­ho­ma eine ein­la­den­de Alter­na­ti­ve.”

Eva Böh­ler, eine Kun­din von Kids Con­cept hat die­se Alter­na­ti­ve eben­falls für sich ent­deckt. Sie brauch­te drin­gend geeig­ne­tes Betreu­ungs­per­so­nal für ihre Kin­der und war von der Vor­stel­lung, die­sen Job einer Stu­den­tin zu über­ge­ben, nicht beson­ders begeis­tert. „Eine Frau mit Lebens­er­fah­rung und einer gewis­sen Rei­fe soll­te es schon sein”, so Böh­ler. „So fand ich eine Lei­ho­ma, die nun zwei Mal die Woche kommt und mich und mei­ne Kin­der tat­kräf­tig und lie­be­voll unter­stützt.”

Auch Hei­de Hil­le, die Kin­der­be­treue­rin von Kids Con­cept unter­stützt immer noch Juli­an und sei­ne Fami­lie und freut sich, die­sen Schritt in ihren neu­en Auf­ga­ben­be­reich gefun­den zu haben.