In vielen Familien ist das Vorlesen von Geschichten ein sorgsam gepflegtes Ritual. Und wer es nicht macht, sollte schnellstmöglich damit anfangen. Denn Vorlesen schafft nicht nur wunderbare gemeinsame Momente zwischen Kindern und Eltern, sondern ebnet auch den Boden für wichtige Eigenschaften, die vielleicht erst später im Leben zum Tragen kommen.
An erster Stelle steht dabei natürlich die Sprachfähigkeit – die Möglichkeiten, sich auszudrücken und andere zu verstehen. Studien sehen darüber hinaus auch Eigenschaften wie einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn und ein positives Sozialverhalten mit dem Vorlesen verknüpft.
Wir meinen: Die wunderschönen Momente, die das Vorlesen schafft, sollte jeder mit seinen Kindern so oft wie möglich erleben. Auch unsere Nannys, Babysitter und Leihomas sind selbstverständlich große Vorlese-Fans. Wir haben sie um ihre persönlichen Tipps gebeten, mit denen sie die Vorlesezeit noch wertvoller machen.
Vorlesen als Ritual etablieren
Die Gute-Nacht-Geschichte ist der Klassiker des Vorlesens. Und deswegen gehört sie in vielen Familien fest zum abendlichen Ritual. Genau das sollte man sich schaffen: Einen Zeitpunkt am Tag, der nur dem Lesen und den Geschichten gehört. Das geht abends besonders gut, weil alle zur Ruhe kommen und ohnehin miteinander versammelt sind. Das kann aber genauso gut am Nachmittag sein, wenn die Kinder von der Kita oder der Schule nach Hause kommen und sich eine Auszeit wünschen, um nach einem anstrengenden Tag zur Ruhe zu kommen.
Eine ruhige Atmosphäre schaffen
Geschichten leben davon, dass man sie bewusst wahrnimmt. Das geht aber nur, wenn man nichts anderes daneben macht. Also kein Spielen oder sonstige andere Beschäftigung – und auch kein zwischenzeitliches Rumfingern am Smartphone (für die Eltern!). Am besten sucht man sich eine bewährte Kuschelecke (siehe Ritual) und macht es sich dort schön gemütlich. Und dann hat alles andere erst einmal Sendepause.
Die Stimme einsetzen
Geschichte leben von Emotionen und Figuren, von unterschiedlichen Stimmungen und Leseflüssen. Das kann man ganz einfach mit der eigenen Stimme erreichen. Also, nur Mut! In jedem steckt ein kleiner Schauspieler. Stimmen und Betonungen variieren, mit der Lesegeschwindigkeit spielen – so macht das Vorlesen allen bestimmt ganz großen Spaß.
Nichts erklären
Als Erwachsener neigt man dazu, seinen Kindern immerzu alles erklären zu wollen. Lieber nicht! Statt den Text zu analysieren und zu umschreiben, weil man denkt, die Kleinen würden es nicht verstehen, sollte man ihn einfach so wirken lassen, wie er ist. Sie werden nachfragen, wenn sie etwas nicht verstehen. Und dann ist immer noch Zeit für Erklärungen.
Auf die Kinder eingehen
Stimmungen können von Tag zu Tag anders sein. Manchmal wollen die Kinder unbedingt mit ins Buch schauen, um die Bilder anzusehen. Manchmal wollen sie vielleicht einfach nur lauschen und dabei in die Luft gucken. Auch in die Auswahl der Geschichte kann und sollte man sie einbeziehen – was magst du heute hören? Welche Geschichte ist dir gerade wichtig?
Für Büchernachschub sorgen
Einen großen Fundus an Kinderbüchern findet man in den örtlichen Bibliotheken. Eine tolle Ergänzung zu den eigenen Büchern im heimischen Bücherschrank! Auch Lesungen und Vorlese-Nachmittage werden in vielen Büchereien regelmäßig angeboten.
Das persönliche Lieblingsbuch
Wer kann sich noch an sein eigenes Lieblingsbuch aus der Kindheit erinnern? Es gibt garantiert ein oder mehrere Bücher, nach denen immer wieder verlangt wird. Dieses Lieblingsbuch ist ein großer Schatz und bekommt einen Sonderplatz im Regal. Damit man es immer griffbereit hat. Oftmals stellt man fest: Es ist sogar eines derjenigen, die man selbst als Kind so geliebt hat. Denn viele Kinderbuch-Klassiker sind auch nach Jahrzehnten noch aktuell. Bestes Beispiel: Die Geschichte von der Raupe Nimmersatt.
Unsere besonderen Tipps
Einen wertvollen Beitrag zum Thema Vorlesen leistet die Initiative Lesestart (www.lesestart.de) der Stiftung Lesen. Vom 1. Geburtstag bis ins Grundschulalter begleitet sie Kinder bei ihrem Weg vom Vorlesen bis hin zum eigenständigen Lesen. Ein wichtiger Grundpfeiler der Aktion ist dabei die Arbeit mit Familien aus bildungsfernen und nichtmuttersprachlichen Familien – die Materialen sind in 17 Sprachen übersetzt. Zudem gibt es auf der Seite tolle Buchempfehlungen für verschiedene Altersgruppen.
Vorlesen und digitale Medien verbindet die Webseite Living Kids Books. Dort werden Kinderbücher am Bildschirm vorgelesen – von professionellen Sprechern und mit Direktblick in die Bücher. So entsteht ein unmittelbares Vorlese-Erlebnis – für Lese-Abwechslung zwischendurch ist das durchaus einen Versuch wert. Es gibt eine kostenlose Version mit reduziertem Umfang und eine kostenpflichtige Premiumvariante. Informationen unter www.livingkidsbooks.com. Die besten Bücher für Erstklässler haben wir für Euch in einem anderen Blog Artikel zusammengefasst.